Musiktheater
Musiktheater
Musik von Torsten Rasch
Nach DIE WUNDERBAREN JAHRE von Reiner Kunze
Auftragswerk des Theater Regensburg
Dauer: ca. 1 Stunde 25 Minuten | keine Pause
Zu allen Vorstellungen (außer der Premiere) findet 30 Minuten vor Beginn eine Einführung und im Anschluss ein Nachgespräch statt.
„Wir wussten von den Unruhen unter den ostdeutschen Intellektuellen, die mit der Ausbürgerung von Wolf Biermann ihren Anfang nahmen, wir wussten von der Gründung von Solidarność und ihrem Kampf gegen das repressive System und fanden schließlich selbst einen Ausdruck der Rebellion in unseren mit Hingabe getragenen Aufnähern ‚Schwerter zu Pflugscharen‘, die Abrüstung auf beiden Seiten verlangten, was der Staatsmacht natürlich ein Dorn im Auge war, denn sie war ja die ‚Friedensmacht‘“. (Torsten Rasch)
Diese „Friedensmacht“ wurde in dem 1976 in der BRD veröffentlichten Band DIE WUNDERBAREN JAHRE in extrem reduzierten und pointierten Texten bloßgestellt: Als ein unmenschliches System, das seine Jugend vom frühesten Alter an militarisiert und auf absurde Weise versucht, sie zu kontrollieren, zu indoktrinieren und zu brechen. Gleichzeitig beschreibt DIE WUNDERBAREN JAHRE auch den unbändigen Wunsch nach Freiheit und Kreativität in der Zeit des Erwachsenwerdens – eben „die wunderbaren Jahre“ – in Worten.
Reiner Kunzes (*1933) erschütternde Vignetten dienen dem Dresdner Komponisten Torsten Rasch (*1965) als ideale Grundlage, um einer „Zeit“ musikalischen Ausdruck zu verleihen. Es entsteht ein multiperspektivisches Musiktheater, um mit Gesang, Sprache und Instrumentalmusik eine Art von Erinnerung zu schaffen, wie und wann wir zu dem wurden, was wir heute sind.
„Das macht Raschs Oper zu einem wichtigen Werk des Nachdenkens darüber, warum aus den zwei Deutschländern auch nach 35 Jahren immer noch nicht eines geworden ist, und was unbegriffen blieb an der Teilungsgeschichte. Hier stößt Kunst vor in eine Welt, die mit Unterdrückung und Widerstand allein nicht zu beschreiben wäre.“ — (26.2.25)
„Torsten Raschs bewegendes Werk gegen das Vergessen [...] Großartig schlüpfen die Sängerinnen Sophie Bareis und Svitlana Slyvia, die Schauspielerin Franziska Sörensen und Bassist Jonas Atwood in die verschiedenen Charaktere und vereinen sich als eindringliche, mahnende Stimme aus der deutschen Vergangenheit gegen Verklärung und Vergessen einer Zeit ohne Freiheit und ohne Wahl.“ — (24.2.25)
„Torsten Rasch vertont in seinem Auftragswerk das berühmte Buch von Reiner Kunze. Im Theater am Haidplatz kann man das nun mit fantastischen Sängern und Musikern erleben – in all der Tristesse, die die DDR ausstrahlte. [...] Sophie Bareis (Sopran), Svitlana Slyvia (Mezzosopran) und Jonas Atwood (Bass) und als Sprecherin Franziska Sörensen tragen mit neun Instrumentalisten unter Leitung von John Spencer das 90-minütige Opernwerk, das einem den Atem raubt, wie vor Jahrzehnten schon das Buch.“ — (24.2.25)
„Der anschließende Epilog wird – wie von Dramaturg Ronny Scholz im Vorgespräch treffend charakterisiert – zum instrumentalen Requiem für die Mauertoten, deren Sterbedaten projiziert werden. Die Ensemblemitglieder Sophie Bareis, Svitlana Slyvia, Jonas Atwood und Franziska Sörensen füllten ihre Rollen vokal wie darstellerisch überzeugend aus, die Mitglieder des Philharmonischen Orchesters unter der Leitung von John Spencer sorgten für instrumentale Trennschärfe.“ — (24.2.25)
„Konzentriert verwebt Rasch drei Perspektiven: Das Erzählen selbst, verteilt auf drei Singstimmen, Sopran (Sophie Bareis), Mezzo (Svitlana Slyvia) und Bass (Jonas Atwood), und eine Sprecherin, Franziska Sörensen. Dazu kommen rein instrumentale Passagen, die Musik bleibt stets nachvollziehbar, flirrend, das Orchester besteht aus einem Streichquintett, drei Holzbläsern und einem Akkordeon – Rasch kann pointiert instrumentieren, Farben, Akzente setzen. Und schließlich, die dritte Perspektive, ein Hoffen, Sehnen, eine Anderswelt in der Enge der DDR: Volkslieder, Lieder von der Heimat, ‚Wenn ich ein Vöglein wär‘, aber wohin will man schon fliegen in der DDR.“ — (26.2.25)
„Torsten Rasch füllt, obgleich das anfangs irritiert, jene literarischen Leerstellen, mit denen Reiner Kunze spielt. [...] Die Solo-Riege hat sich sehr tief hineinbegeben in dieses Stück. Bewundernswert ist das. [...] Ihren Spielplan haben die mutigen, erfolgreichen Regensburger da um eine kleine Kostbarkeit bereichert. Ein dringender Tipp auch für die Jugend, für Schulklassen ist diese Produktion.“ — (27.2.25)
„Dem Stück gelingt es, die kurzen, unabhängigen Abschnitte der ursprünglichen Interviews durch Musik, Inhalt und Bühnenbild in einem Musiktheater zu vereinen. [...] Die Regisseurin Sabine Sterken und der musikalische Leiter John Spencer haben mit ihrem Team eine Inszenierung geschaffen, die die einzelnen Szenen der literarischen Vorlage verbindet und daraus eine verständliche, chronologische Geschichte mit sinnbildlichem Charakter formt. [...] Falls euch also die Auseinandersetzung mit der Emotionalität einer unterdrückten Bevölkerung in der DDR interessiert oder ihr einen interessanten, politischen Einstieg in das Musiktheater erfahren wollt, können wir euch dieses Stück auf jeden Fall weiterempfehlen.“ — (3.3.25)
„Schriftsteller Reiner Kunze schaut sich ‚seine‘ Oper in Regensburg an“ — MZ-Bericht vom 27.2.25