r

Welcome To The Rock

Marie Liebig
© Marie Liebig

COME FROM AWAY — einer der größten Erfolge am Broadway der letzten Jahre.

In Deutschland kennen bisher die wenigsten dieses Meisterwerk. Das kann sich am 22.2.2025 mit der deutschsprachigen Erstaufführung am Theater Regensburg ändern. Dieser Blog von Maximilian Beger, Bundesfreiwilligendienst Kultur & Bildung, wird über die nächsten Wochen den Probenprozess begleiten und spannende Einblicke auf und hinter die Bühne geben. Für alle Musical-Fans und die, die es noch werden wollen.

Holen Sie sich schon jetzt Ihre Karten und lassen Sie es sich nicht entgehen ...

 

Musical in Regensburg


© Miriam Eisele

Meinen ersten Berührungspunkt mit dem Theater Regensburg hatte ich, als ich vor gut zwei Jahren aus Lust und Laune die Premierenübersicht auf der Website von „Musik und Bühne Verlagsgesellschaft“ durchgegangen bin. Ich scrolle mich durch Monate, in denen in Deutschland gefühlt immer wieder nur dieselben 10 Stücke Premiere feiern. Schließlich lande ich im April. Deutschsprachige Erstaufführung von PARADE am 15.04.2023 in Regensburg. „Da muss ich hin!“, denke ich. PARADE ist eins meiner absoluten Lieblingsmusicals. Wer weiß, wann sich nochmal die Möglichkeit bietet das irgendwo zu sehen. Zufälligerweise habe ich eine Freundin in Regensburg, die auch eine gewisse Musical-Affinität besitzt. 

Wochen mit Absprachen und Planung vergehen und ehe ich mich versehe, sitzen wir mittig in der zweiten Parkettreihe des gemütlichen Theaters am Bismarckplatz und erwarten voller Spannung die Premiere von PARADE. Drei Stunden später sind wir uns einig, das war eine großartige Produktion. Nicht nur wurde versucht, PARADE gut auf die Bühne zu bringen, nein, der Versuch ist sogar geglückt. So hat es Regensburg geschafft sich bei mir dauerhaft als Ort, der Theater, Musiktheater und Musical ernst nimmt und über das Standardrepertoire hinausgeht, zu etablieren. Ein Eindruck, der sich über die nächste Spielzeit und allerspätestens mit dem Casting-Aufruf und der damit verbundenen Enthüllung der deutschsprachigen Erstaufführung von COME FROM AWAY bestätigen sollte. Einem Stück, dem ich das erste Mal als Mitschnitt auf einem populären Streaminganbieter begegnet bin und seitdem lieben gelernt habe. Ein Stück, das in seinen 90 Minuten Laufzeit wie ein Wirbelsturm einen wegfegt, lachen und weinen lässt, und auf ganz besondere Art und Weise die Menschlichkeit in den Fokus setzt. Deshalb freut es mich immens die Proben zu COME FROM AWAY mit dieser Seite begleiten zu dürfen und über die nächsten Wochen regelmäßig Einblicke zu geben.

Welcome to the Rock!

 

Operation Yellow Ribbon

11.9.2001, 09:45 Uhr. Der nordamerikanische Luftraum wird zum ersten Mal in der Geschichte geschlossen. Die Hälfte der fast 500 Flüge in die USA mussten umkehren. Die restlichen 255 wurden zu kanadischen Flughäfen umgeleitet. 38 davon nach Gander, Neufundland, Kanada. Nur eine halbe Stunde später landete das Erste. Drei Kommandozentren, in Kanada verteilt, stellten sicher, dass jeder Flug zu einem sicheren Landeplatz geleitet wird. Dieses, als „Operation Yellow Ribbon“ bezeichnete, Unterfangen, diente dazu sicherzustellen, dass keine potenziell gefährlichen Flugzeuge mehr unterwegs sind.

So mussten nun binnen weniger Stunden über 6500, am Gander Airport gestrandete, Personen in einer gerade mal 9000 Einwohner umfassenden Gegend untergebracht und versorgt werden. Viele dieser Personen waren schon Stunden im Flugzeug unterwegs und mussten nun fast einen kompletten Tag weiter im Flieger ausharren, bis die Behörden das Go zum Verlassen gaben.

Auf diesen ungekannten Ausnahmezustand reagierten die Einwohner mit unvergleichlicher Solidarität. Fast jeder packte, wie selbstverständlich, mit an. Schulen, Turnhallen und Kirchen wurden zu Schlafsälen umfunktioniert. Die lokalen Läden stellten Nahrung zur Verfügung, die Busfahrer unterbrachen ihren Streik, um die Ankömmlinge zu fahren und die Einheimischen spendeten Kleidung, stellten ihre Duschen zur Verfügung und beherbergten teilweise selbst gestrandete Passagiere in ihren Wohnungen. So wurde mit gemeinsamer Kraft über die nächsten 5 Tage dafür gesorgt, dass der ungeplante Aufenthalt der „come from aways“, wie die Bevölkerung die Gestrandeten liebevoll nannte, möglichst reibungslos und angenehm verlief.

Dieses herzliche und selbstlose Vorgehen der Bewohner sorgte für eine tiefe Verbundenheit, die die Passagiere und die Einheimischen gleichermaßen prägte. Man war fast traurig als der Flugverkehr wieder aufgenommen wurde und die Menschen ihre Reise fortsetzen konnten. Oder um Claude Elliott, den damaligen Bürgermeister von Gander, zu zitieren: „Es war, als wenn man einen Großteil seiner Familie verloren hätte.“

Titel

Aufnahmen von Kevin T., der damals in Gander strandete

 

You are here

Gander, 2011

Das große Wiedersehen

Mit dabei bei diesem Ereignis sind Irene Sankoff und David Hein. Auf der Suche nach Material für ein neues Musical interviewten sie zahlreiche Bewohner und Passagiere. Auf Grundlage dieser Gespräche entstand COME FROM AWAY. Ein Musical, das die Geschehnisse in Neufundland im Zuge der „Operation Yellow Ribbon“ quasi dokumentarisch erzählt. Alle Figuren basieren auf realen Menschen, das Geschehene wird erzählt, wie es war. Keine Übertreibungen oder Untertreibungen. Die blanke Realität. Sankoff und Hein schrieben sowohl das Buch als auch die Musik und die Texte. Erste Workshops und Lesungen fanden 2012 am Sheridan College in Kanada in einer 45-minütigen Fassung statt. Diese waren so erfolgreich, dass die Show 2013 das erste Mal als vollständige Produktion in der regulären Theatersaison des Colleges gezeigt wurde.
La Jolla, 2015

Die Uraufführung

Weitere Produktionen in Seattle, Washington D.C. und Toronto folgten.

New York, 2017

Broadway-Premiere

Es erhielt begeisterte Kritiken und wurde für sieben Tony Awards, darunter „Bestes Musical“ nominiert, gewann allerdings nur den für die beste Regie. Nach über fünf Jahren und 1669 Aufführungen schloss das Musical am Broadway, womit es zu den 50 am längsten gelaufenen Broadway-Shows gehört. Nach dem Broadway-Erfolg folgten mehrere kanadische Produktionen in Toronto, eine US-Tournee und sogar Auftritte in Gander.

London, 2019

Premiere am West End

Es gewann sogar den Olivier Award für das beste neue Musical. Produktionen in Australien und anderen Ländern unterstrichen den globalen Erfolg.

Apple TVPlus, 2021

Available for Streaming

2021 wurde auf Apple-TV-Plus eine Aufzeichnung mit dem Broadway-Cast veröffentlicht.

Weltweit

Internationaler Erfolg

Über den englischsprachigen Bereich hinaus gab es in den letzten Jahren Produktionen in Argentinien, Panama, Japan, Südkorea, Dänemark, Belgien, Madrid und den Niederlanden mit vielen weiteren, die noch folgen werden. Dazu wurde das Stück bisher in sieben Sprachen übersetzt.
Regensburg, 22.2.25

Deutschsprachige Erstaufführung

Die Übersetzung stammt von Sabine Ruflair, die Regie übernimmt Sebastian Ritschel. Premiere ist am 22.2.2025.

 

Titel

Interview über die Entstehungsgeschichte des Musicals

 

Irene Sankoff & David Hein

© concord theatricals

Irene Sankoff und David Hein wuchsen beide in Kanada auf und kamen über unterschiedliche Wege zum Theater. Sankoff studierte zunächst Psychologie an der York University in Toronto, wo sie Hein kennenlernte, bevor sie sich dem Schauspiel zuwandte. Hein dagegen war während des Studiums schon in verschiedenen Bands aktiv.

Ihre Zusammenarbeit als Autoren- und Komponistenduo begann 2009 mit dem autobiografischen Musical MY MOTHER’S LESBIAN JEWISH WICCAN WEDDING (2009), das die wahre Geschichte von Heins Mutter erzählt, die nach der Trennung von ihrem Mann ihre jüdische Identität entdeckte und eine Beziehung mit einer Frau mit Wicca-Glauben einging. Während des Schreibprozesses stellten sie fest, dass es dem Stoff nicht dienlich sei, ihn noch weiter ins Absurde zu treiben. Es so erzählen, wie es in der Realität verlief, war schon abstrus genug. So entstand der dokumentarische Erzählstil, für den die beiden bekannt werden sollten. Das Stück wurde ein Überraschungserfolg auf dem Toronto Fringe Festival und später von Mirvish Productions in Toronto aufgeführt.

Nach diesem Erfolg wandte sich der Theaterproduzent Michael Rubinoff an die beiden und brachte ihnen die Idee nahe, aus den Ereignissen in Gander von 9/11 ein Musical in jenem dokumentarischen Stil zu machen. Nach einer Reise nach Gander im Jahr 2011, wo sie zum 10. Jahrestag der Ereignisse Zeitzeugen interviewten, begannen sie, deren Geschichten in das Musical COME FROM AWAY zu verwandeln. Das Musical bedeutet ihren internationalen Durchbruch, gewann zahlreiche Preise, darunter einen Tony Award für die beste Regie und einen Olivier Award für das beste neue Musical. COME FROM AWAY wurde nach der Premiere am Broadway 2017 zu einer weltweiten Sensation. Am 22.2.2025 feiert es seine deutschsprachige Erstaufführung am Theater Regensburg.

 

Probenstart!

Das gesamte Team von COME FROM AWAY

7.1.2025. Unsere Inszenierung von COME FROM AWAY hat ihren offiziellen Probenbeginn. Mit der Konzeptionsprobe beginnt nach monatelanger Vorbereitung der 7-wöchige intensive Probenprozess. So fanden sich auf der Probebühne im Stahlzwingerweg Beteiligte aus den unterschiedlichsten Bereichen munter ein, um durch Regisseur Sebastian Ritschel, Ausstatter Kristopher Kempf und Dramaturg Ronny Scholz den Kontext des Stückes und das Inszenierungskonzept nahe gebracht zu bekommen. Von Anfang an war eine Spannung im Raum zu spüren. Eine Mischung aus Aufregung und Vorfreude. Nach knapp einer Stunde Konzeptionsgespräch ging es los. Mit einem ersten Durchsingen des Stückes begann unsere Reise.

Der Anfang ist vollbracht. In den nächsten Wochen wird noch viel geschafft werden bis COME FROM AWAY endlich am 22.2.2025 seine deutschsprachige Erstaufführung feiert.
Eine Reise, die Ihr hier verfolgen könnt.

 

Die Übersetzerin – Sabine Ruflair



© Claudia Ruflair

Schon als kleines Kind fuhr sie mit ihren Eltern nach Hamburg, um diverse Musicals zu sehen, spielte später im Jugendclub des Staatstheaters Wiesbaden Theater und schrieb im Deutschunterricht sehr lange Aufsätze. Dass ihr Berufswunsch „irgendwas mit Worten“ werden sollte, war daher naheliegend.

Sabine Ruflair studierte zunächst Übersetzen für Englisch und Chinesisch, bis sie an die Folkwang Universität in Essen wechselte, um dort Musical zu studieren. Damit war der Sprung zur Musical-Übersetzerin eigentlich nur eine Frage der Zeit. Sie übersetzte beispielsweise die Liedtexte in den Musical-Adaptionen von DOKTOR SCHIWAGO, LITTLE WOMEN und ONCE, die Stücke JANE EYRE und The Who´s TOMMY, Broadway-Klassiker wie THE KING AND I und nun auch die beiden Musicals COME FROM AWAY und Stephen Sondheims MERRILY WE ROLL ALONG (gemeinsam mit Jana Mischke), welche am Theater Regensburg ihre deutschsprachigen Erstaufführungen feiern.

Darüber hinaus war sie als Translation Supervisor für die Firma Stage Entertainment tätig und betreute die Übersetzungsprozesse für BAT OUT OF HELL, TINA – DAS TINA TURNER  MUSICAL und den größten Smash-Hit am Broadway der letzten 10 Jahre HAMILTON.

Für Ruflair ist ihre Arbeit als Brücke zwischen der Originalfassung eines Musicals und dem deutschsprachigen Publikum zu verstehen. Übersetzungen helfen, Musicals einer größeren Zielgruppe erlebbar zu machen. Die wenigsten haben ein Fremdsprachenlevel, welches ihnen erlaubt, einem Musical in Originalsprache in Gänze folgen zu können. Eine Übersetzung sollte nicht mal auffallen. Für Ruflair gilt, „dass das Publikum sich zu jeder Zeit vollständig auf die von den Originalautor*innen erdachte Handlung konzentrieren können muss“, wie sie es in einem Interview mit TraLaLit, einem Magazin für übersetze Literatur, zusammenfasst.